Ehrlich hat recht! Lumma hat recht! Beide liegen falsch! Replik auf eine Replik

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Über die Relevanz sozialer Netwerke streiten sich Matthias Ehrlich (United Internet Media) und Nico Lumma (Scholz & Friends). Beide vertreten naturgemäß Positionen, die ihren Häusern entsprechen.

So stellt Ehrlich im HORIZONT fest: “Es gibt Bereiche, in denen klassische Onlinewerbung einfach schlecht funktioniert. In sozialen Netzwerken wird selten ein konkretes Thema verfolgt. In einer Welt, wo hauptsächlich ‘gequatscht’ wird, ist keine gezielte Markenführung möglich. Facebook-Fanseiten und Co werden maßlos überschätzt”.

Lumma antwortet darauf in seinem BLOG, dass soziale Netwerke Werbeformen bieten, “die den User nicht stören, sondern sogar zielgerichtet ausgeliefert werden können und noch dazu aufzeigen, welche Freunde die Werbung bereits gut finden. […] Klar, wenn man nichts als klassische Online-Vermarkung hat und eigene Ideen wie unddu.de massiv gefloppt sind, dann muß man natürlich versuchen, die alten Ladenhüter als das probate Mittel für gezielte Markenführung anzupreisen.”

Nun, beide haben recht, beide liegen falsch!

Nein! Facebook wird in der Markenkommunikation nicht die klasssische Online-Werbung ersetzen – denn große Markenkampagnen benötigen tatsächlich eine kontrolliertere und massentauglichere Kommunikation als eine Fangruppe auf Facebook sie jemals bieten kann. Hier hat Ehrlich recht.

Und noch mal nein! Wenn tausende Fans einer Marke sich auf Facebook und anderen Social Networks einer Marke engagieren ist das natürlich nicht nur “Gequatsche” sondern vielmehr eine nie vorher dagewesene Chance für Marken mit Ihren Kunden zu interagieren und sich Feedback zu holen. Da hat natürlich Lumma recht.

Beide haben also ein bisschen recht und liegen gleichzeitig in der Absolutheit Ihrer Konsequenz falsch. Das wissen sie natürlich auch selbst, denn schon heute ist es ganz normal, einen Mediaplan mit Social-Network Aktionen und normalen Banner-Schaltungen zu gestalten.

Schade ist natürlich, dass beide Herren diese Herausforderung ähnlich angehen, als ginge es um eine Neuauflage des kalten Krieges.

Was würde Gorbatschow tun?

Beides kombinieren! Ehrlich liefert schon heute seine Online-Werbung mit intelligenten Algorithmen gesteuert aus, also kleine, maschinell trainierte Modelle die sozusagen wissen, welche Werbung an welche Leute ausgeliefert werden sollte.

Wenn aber jetzt ein Markenverantwortlicher von Nike wissen will, wie seine Fans ticken oder wie ein neues Produkt angenommen wird, liefern die Reaktionen in den Social Networks vermutlich wirklich die besten und schnellsten Antworten – bis dahin, dass die Community sogar direkt auf bestimmte Werbemaßnahmen reagiert – das Social Network produziert also hochkonzentriertes Know-how und Feedback zur Steuerung einer guten Kampagne.

Was man machen müsste, ist diesen Usern die Kontrolle über Ehrlichs Auslieferungsalgorithmus zu geben. Das wäre Perestrojka!

Wenn die beiden Herren sich jetzt gedanklich vor einer Mauer stehen sehen und denken – na ja, irgendwann wird diese Mauer fallen sei ihnen gesagt:

Das geht schon heute!

Mit heutigen Mitteln des intelligenten Targetings ist es durchaus möglich, Algorithmen anhand der Verhaltensweisen von Fans zu trainieren. Denn die Herausforderung liegt zum einen darin, Facebook und die dort aktiven User als riesige Recommendation-Maschine zu sehen. Zum anderen – und hier wird es besonders spannend – sollte man Möglichkeiten finden das Wissen skalierbar und übertragbar zu machen. Die Markenkampagne käme also daher mit einer integrierten Social-Media Komponente. Das ist erstmal nicht überraschend. Überraschend aber wäre es, wenn der Mediaplan der Flächenkampagne (das was Nico Lumma als „alte Ladenhüter“ bezeichnet) von den Aktionen der Fans lernen würde – und zwar noch während die Kampagne läuft!

Denn was ist ein Mediaplan? Eine Sammlung von Annahmen über Webseiten und Umfelder die Menschen wohl besuchen würden die man für das neue Produkt oder die Marke gewinnen könnte. Und was ist Targeting? Ein maschineller, von Algorithmen generierter Mediaplan. Und so ein Algorithmus bekommt üblicherweise irgendwelche Lerndaten vorgesetzt die ihm Ansatzpunkte zu geben um herauszufinden wie der potentielle Fan einer Marke online wohl tickt.

Was man machen müsste, ist schlicht den Algorithmus mit den Fans füttern und nach deren Verhalten und Präferenzen zu trainieren. Und mit diesem Algorithmus dann die Display-Kampagne steuern.

Wir sind davon überzeugt, dass so etwas heute schon geht – wenn man will. Und wir glauben, dass damit eine unglaublich innovative Antwort auf das Gezeter von beiden Seiten gefunden werden könnte – eine mit Innovation, Technologie, dem besten aus beiden Welten usw.

Und so sagen wir: Mr. Gorbatschow, tear down this wall!

Wir stellen den Algorithmus, Lumma soll den Social-Part erledigen, Ehrlich den Banner-Part. Und zur dmexco präsentieren wir gemeinsam die Ergebnisse.

Herr Lumma, Herr Ehrlich – nehmen Sie die Herausforderung an?

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